Nach der Wahl: die Sitzverteilung

Nach welchem Prinzip werden die Sitze an die gewählten Personen verteilt? Wie wirken sich Kopf- und Vorzugsstimmen aus? Wie die Berechnungen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft funktionieren, erfahren Sie hier.

Verhältniswahlrecht

Nach den Wahlen werden die Sitze in der jeweiligen Gemeinde nach dem sogenannten Verhältniswahlrecht, d.h. nach der verhältnismäßigen Stärke der einzelnen Listen, verteilt. Konkret: Jede Liste erhält eine bestimmte Anzahl Sitze, die im Verhältnis zur Anzahl der für sie abgegebenen Stimmen steht. Auf kommunaler Ebene gibt es dabei keine 5-%-Hürde, so dass jede Liste – egal wie stark sie gewählt wurde – in der Berechnung berücksichtigt wird.

Die Sitzverteilung in den Gemeinden der Deutschsprachigen Gemeinschaft wird gemäß dem D’Hondtschen System ermittelt. Das gleiche Wahlsystem wird für die Föderal-, Regional- und Gemeinschaftswahlen genutzt.

Rechenbeispiel Teil 1

Um die Sitzverteilung zu ermitteln, wird beim D’Hondtschen System die Wahlziffer jeder Liste (d.h. die Gesamtzahl der Stimmen) nacheinander durch 1, 2, 3, 4, 5 … bis eventuell zur gesamten Anzahl der Sitze, die zu verteilen sind, geteilt. Diese Quotienten werden ihrer Größe nach geordnet, bis insgesamt so viele Quotienten erreicht werden, wie Mitglieder zu wählen sind. Der größte Quotient erhält also Sitz Nr. 1, der zweitgrößte Quotient erhält Sitz Nr. 2. usw.

Das folgende Rechenspiel erklärt den Modus der Sitzverteilung in den Gemeinden der Deutschsprachigen Gemeinschaft nach dem D’Hondtschen System. 17 Sitze sind auf die folgenden drei Listen zu verteilen. Die Listen haben folgende Wahlziffern, also Gesamtzahl an Stimmen:

Liste A Liste B Liste C Geteilt durch
500 (4) 750 (2) 1.400 (1) 1
250 (10) 375 (6) 700 (3) 2
166,67 (15) 250 (9) 466,67 (5) 3
125 187,5 (13) 350 (7) 4
100 150 (17) 280 (8) 5
83,33 125 233,33 (1) 6
71,43 107,14 200 (12) 7
62,5 93,75 175 (14) 8
55,56 83,33 155,56 (16) 9
50 75 140 10
44,45 68,18 127,27 11
41,67 62,5 116,67 12
38,46 57,69 107,69 13
35,71 53,57 100 14
33,33 50 93,33 15
31,25 46,88 87,5 16
29,41 44,12 82,35 17

Laut dem Rechenspiel geht der 1. Sitz an die Liste C, die mit 1400 den höchsten Quotienten hat. Der 2. Sitz geht an die Liste B mit 750 als Quotient und der 3. Sitz geht wieder an die Liste C mit 700 als Quotient. Der 4. Sitz geht mit 500 als Quotient an die Liste A usw.

Kopf- und Vorzugsstimmen

Nach der Sitzverteilung ermittelt man, wer – also welche Kandidatinnen und Kandidaten der jeweiligen Listen – die Sitze erhält. Die Kopf- und Vorzugsstimmen spielen dabei eine wesentliche Rolle.

  • Wer eine Kopfstimme für eine Liste abgibt, erklärt sich mit der Reihenfolge der Frauen und Männer auf dieser Liste einverstanden.
  • Wer eine Vorzugsstimme abgibt, gibt einer Kandidatin oder einem Kandidaten den Vorzug. Dies kann die oder der Wahlberechtigte für einen, mehrere oder sogar alle Kandidaten machen. So zeigt sie oder er an, dass sie oder er den betreffenden Kandidaten den Vorzug vor Mitbewerbern auf der gleichen Liste gibt, die möglicherweise auf einer besseren Position stehen.

Rechenbeispiel Teil 2

Gehen wir vom fiktiven Beispiel der Liste C aus, die mit 1.400 Stimmen 9 Sitze im Gemeinderat erringen konnte. Die Walberechtigten können auf einer Liste mehrere Vorzugsstimmen (VZ) vergeben. Es gibt 600 Kopfstimmen (KZ), von denen 300 übertragbar sind.

Erst muss die Wählbarkeitsziffer errechnet werden. Die Wählbarkeitsziffer errechnet sich aus der Wahlziffer (Anzahl gültige Stimmzettel für eine bestimmte Liste) geteilt durch die Anzahl Mandate + 1.

Im Fall der Liste C: 1.400 geteilt durch (9+1) = 140.

In der Reihenfolge der Listenplätze wird auf die Kandidaten, die nicht mindestens 140 Vorzugsstimmen erhalten haben, die Hälfte der Kopfstimmen bis zum Erreichen der Wählbarkeitsziffer übertragen, und zwar so lange, bis die Hälfte des Topfes (in diesem Fall 600/2= 300 Kopfstimmen) leer ist. In unserem Beispiel verteilen sich die Stimmen innerhalb der Liste dadurch folgendermaßen:

Listenplatz VS übertragene KS Summe VS + KS verbleibende übertragbare KS Sitz
1 400 0 400 300 1
2 320 0 320 300 2
3

230

0 230 300 4
4 270 0 270 300 3
5 100 40 140 260 7
6 150 0 150 260 5
7 95 45 140 215 8
8 90 50 140 165 9
9 82 58 140 107  
10 70 70 140 37  
11 85 37 122 0  
12 3 0 3 0  
13 50 0 50 0  
14 36 0 36 0  
15 40 0 40 0  
16 22 0 22 0  
17 150 0 15 0 6

Durch die Kopfstimmenverteilung ergibt sich nun eine neue Reihenfolge innerhalb der Liste:

1. Sitz: Listenplatz 1
2. Sitz: Listeplatz 2
3. Sitz: Listenplatz 4
4. Sitz: Listenplatz 3
5. Sitz: Listenplatz 6
6. Sitz: Listenplatz 17
7. Sitz: Listenplatz 5
8. Sitz: Listenplatz 7
9. Sitz: Listenplatz 8

Die Kandidatinnen und Kandidaten mit den meisten Stimmen (Vorzugsstimmen + gegebenenfalls übertragene Kopfstimmen) gelten also als gewählt. Bei gleicher Stimmenzahl entscheidet letztlich, wer den vorrangigen Listenplatz innehat.

Die nicht gewählten Kandidaten mit den meisten Stimmen (unabhängig von den aus dem „Topf“ übertragenen Stimmen) oder bei Stimmengleichheit in der Reihenfolge der Listenplätze werden zum ersten, zweiten, dritten Ersatzmitglied und so weiter erklärt.

Gemeindekollegium

Wenn die Wahlergebnisse feststehen, ist klar, wer im Gemeinderat sitzt – direkt eingesetzt durch die Wählerschaft. Danach hat dieser Gemeinderat drei Monate Zeit (ab dem Datum, an dem die Wahlen für gültig erklärt werden), ein Mehrheitsabkommen zu verabschieden. Dieses Abkommen schlägt die Bürgermeisterin oder den Bürgermeister und die Schöffinnen und Schöffen vor, die das Gemeindekollegium bilden.

Kurzum wählt der Gemeinderat das Gemeindekollegium.